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Eine Rede abzulesen ist wie am Telefon zu küssen.
Es fehlt etwas!

Verkaufen und Verhandeln finden an jeder Ecke statt

Wenige Berufsbilder sind so stark der voreiligen Vorverurteilung und Abqualifizierung ausgesetzt wie der Stereotyp des „Verkäufers“. Ganz anders verhält es sich bei Medizinern, Pastoren oder Fußballprofis – selbst die schlechteste Performance kann ihnen wenig anhaben, denn bei diesen Berufsgruppen schwingt immer etwas Positives, Bewundernswürdiges, Erhabenes mit. Beim Verkäufer jedoch ...

Zeit für Übung 1:

 Schließe bitte die Augen und lasse die von der breiten Masse geprägte Vorstellung eines „typischen“ Verkäufers Revue passieren. Lass dir ruhig Zeit. Visualisiere möglichst detailliert.

 Welche Bilder entstehen in deinem Kopf?

  • Ein Haustür-Verkäufer? Ein eher unangenehmer, penetranter Vertreter seiner Branche, der dir ein Produkt aufschwatzen will, das die Welt nicht braucht?
  • Ein Mobilfunk-Vertreter, der mit Rabatten winkt und diese im Kleingedruckten wieder zurücknimmt?
  • Eine Art Drückerkolonne aus Versicherungsvertreter, Autoverkäufer und Scherenschleifer?

Bereits relativ wertneutrale Aktionen, die – seien wir mal ehrlich - mit Verkaufen oder Verhandeln zu tun haben, geraten in die Gefahr eines „Geschmäckles“ oder Beigeschmacks – also eines negativ konnotierten Images. Aus diesem Verständnis heraus entwickelte sich bei uns eine Festpreis-Kultur. Jedem Produkt sollte tunlichst ein konkretes Etikett mit einem korrekten Preis aufgeklebt werden – basta. Selbst auf Flohmärkten hat sich dieser Trend eingeschlichen.

Andere Länder sind hier anders drauf:

 Beispiel: Ghana/Westafrika.

 Vor langer Zeit war ich für ein paar Monate in Ghana. Gerade in Kumasi angekommen, schlenderte ich über einen Markt voller Nippes- und Schnickschnack-Ständen. Ein wunderschön geschnitzter Holzelefant fiel mir ins Auge. Ich konnte nicht anders, ich musste ihn in die Hand nehmen und aus der Nähe bewundern. Was sich rasch als großer Fehler herausstellte. Der honorable Standbesitzer eilte herbei und sah mich mit leuchtenden Augen und breitem Grinsen an. „Was denn mein Preis sei für dieses Meisterwerk eines handgeschnitzten Edelholz-Elefanten?“ Typisch deutsch erwiderte ich: „Ich wollte mich nur mal umsehen.“

 Was der Gute nicht wusste: Ich war gerade angekommen und hatte nicht die Absicht, in den nächsten Monaten einen Zehn-Kilogramm-Holzelefanten mit mir herumzutragen. Allerdings war meinem Gegenüber diese Botschaft nicht einfach zu vermitteln. Er starrte mich ratlos und bedauernd an und ich erfuhr: In Ghana war das Befingern eines Produktes ein definitives Kaufsignal. Dennoch hatten wir viel Spaß miteinander, bis der freundliche Verkäufer fast entschuldigend sagte: „Hey Mann, wir sind hier auf einem Markt! Wir müssen doch handeln!“

Eine positive Einstellung gewann ich auch beim Thema Taxifahren. So ging Taxi in Ghana: Man stoppt einen Wagen, nennt dem Taxifahrer das Ziel, fragt nach dem Preis, macht ein empörtes Gesicht, was zur Einigung führt und steigt ein. Es kann passieren, dass das Taxi auf der Fahrt einen Einheimischen aufgabelt. Das fand ich vollkommen in Ordnung. Es war ein schönes Spiel von Angebot und Nachfrage, mit einem kleinen Heimvorteil für die Einheimischen.

 Zugegeben, wenn man in Ghana zu nachtschlafender Zeit eine Disko verlässt und auf ein Taxi angewiesen ist, wünscht man sich schon mal feste Tarife, gerade wenn nur ein einziges, einsames Taxi vor der Tür auf viele Gäste lauert. In der freien Marktwirtschaft ohne Festpreis-Garantie finden sich eben Licht und Schatten.

Ich plädiere in jedem Fall für eine Aufwertung des Sales-Jobs in Deutschland und für eine Rehabilitation von unzähligen Menschen, die sich dem Kundenwohl verpflichtet fühlen und dafür eine Menge leisten.

 

Denn eines – das wünsche ich mir fest - sollte gängige Überzeugung werden:

Wir alle verkaufen unsere Ideen, unsere Produkte, unsere Vorhaben oder uns selbst - ständig und überall. Jeder ist ein Verkäufer. Ohne Verkauf gäbe es keine Markenartikel, keinen Lebenspartner, keine Lebenskultur - rein Garnichts. Fühle dich also ruhig positiv angesprochen, wenn es um das Verkaufen geht. Welche Motivation Du auch immer hattest, dieses Buch zu kaufen: Du bist auch ein Verkäufer. Vielleicht ein sehr guter. Und du wusstest es bis jetzt vielleicht gar nicht. Das kann sich ändern.

Allen, die diesem wunderbaren Beruf nachgehen, mit ihm ihre Brötchen verdienen, ihre Familien am Leben halten: Euch ist dieses Buch gewidmet.

 

Back to Business:

Auch wenn es seltsam für dich klingen sollte:

Du kannst deinen Kunden nichts verkaufen

Ja, richtig gehört: Du kannst deinen Kunden nichts verkaufen. Keiner deiner Käufer oder Kunden würde nach dem Deal sagen „Schau mal, was mir heute verkauft wurde“. Nein, Marina, Monika oder Madeleine kommt nachhause und verkündet stolz: „Schau mal, Schatz, was ich heute erstanden habe. Steht mir das nicht toll?“ (Das funktioniert natürlich auch bei einem männlichen Käufer!)

Die gute Nachricht:

Du kannst herausfinden, warum Menschen ohne dein Produkt ein bisschen weniger glücklich wären. Große Worte, sagst du? Ja und nein. Was bedeutet schon ‚glücklich sein‘ für jeden einzelnen deiner Kunden? Für den einen ist es das neueste SUV Hybrid Modell, für den anderen ein Fahrrad. Glück liegt auch im Auge des Konsumenten.

Aber genau das gilt es herauszufinden. Es geht heute nicht mehr darum, jemandem etwas ‚aufzuschwatzen‘. Das funktioniert nicht

mehr. Warum nicht? Weil das Angebot an Lösungen unendlich groß

geworden ist – und immer weiter anschwillt. Schauen wir mal auf Amazon: Das Produktsortiment hat sich während einer kurzen Zeitspanne von vier Jahren zwischen 2014-2018 verdoppelt und wird es wohl weiter tun. Hier ein weiteres Beispiel für ein unglaubliches Produktangebot, das wir alle kennen:

Beispiel: Party

 Nehmen wir an, du hast in den 90er Jahren zu einer kleinen Fete eingeladen. Das Angebot an alkoholfreien Kaltgetränken wäre – nun ja – beschränkt gewesen: Cola, Fanta, Sprite, Apfelschorle. Wasser war eher zum Händewaschen da. Heute kannst du den potenziellen Wunsch deiner Freunde nach ihrem bevorzugten Erfrischungsgetränk nur noch ansatzweise erraten, selbst wenn Du sie sehr gut kennst.

 Nimmt heute auf deiner Couch ein Cola-Typ Platz, sollte es vielleicht zuckerfrei oder light sein, keineswegs aber Pepsi-Cola. Bei einer fruchtigen Getränkealternative wird Apfelschorle eher von einfallslosen Menschen nachgefragt. Vielleicht darf es Rhabarberschorle sein. Allein Bionade gibt es in den Sorten Holunder, Zitrone-Bergamotte, Ingwer-Orange, Litschi, Kräuter, Streuobst, Himbeer-Pflaume, Schwarze Johannisbeere-Rosmarin, Naturtrübe Zitrone, Naturtrübe Orange. Das Thema alkoholfreie, Light- oder Craft-Biere ist noch einmal ein Sonderthema. Und der Trend zu gesundem Quellwasser ist mittlerweile ungebrochen. Allein preislich reicht die Spanne vom Aqua Culinaris bis zum Vichy Célestins. Beide Sorten gibt es in einer wenig hübschen 1,5 Liter Plastikflasche. Die eine kostet 0,19 Euro, die andere 1,50 Euro. Das ist ein Preisunterschied von 689 Prozent; und das ist noch nicht einmal der extremste Vergleich. Es gibt Wasser-Bars mit einer extremen Auswahl an internationalen Wässerchen, deren Geschmack – darauf schwören die Liebhaber – jedes Mal einen anderen Hochgenuss verspricht.

 Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Zunächst einmal musst Du also die richtigen Kunden ansprechen. Denn die Zeit der One-fits-all-Produkte ist endgültig vorbei.

Und jetzt wieder die gute Nachricht:

Auch deine Kunden sind mit der riesigen Konsum-Auswahl überfordert.

Deine Kunden wissen eines: Sie wollen ein Produkt kaufen, das zu ihren Anforderungen passt. Und wenn deine Kunden wiederum eigene Kunden haben, also Händler beziehungsweise Wiederverkäufer sind, dann wünschen sie sich ein Produkt, das zu ihnen und ihren Kunden (also den Endkunden) bestmöglich passt. Ganz kompliziert wird es, wenn du ein Produkt an einen Großhändler verkaufen möchtest, der wiederum einschätzen muss, was seine Kunden an ihre Kunden verkaufen werden, damit diese wiederum an andere Kunden verkaufen können… Wer soll da eigentlich noch durchblicken? Für welchen Kunden ist also welches Produkt die ‚richtige‘ Lösung? Leider haben wir es nicht mit gläsernen Kunden zu tun, aber wir nutzen die Chance, ihre Bedürfnisse zu erkunden.

Und jetzt kommst Du ins Spiel, wenn du im Verkauf tätig bist und direkten Kundenkontakt hast. Ausschlaggebend bist Du als Person und Persönlichkeit. Die Wahrheit ist eigentlich simpel: Nichts geht ohne Beziehungsaufbau und - Vertrauen. Erweckst Du im Kunden Vertrauen, ist das eine starke Basis, sein Lotse in stürmischen Gewässern zu werden.

 

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Customers don’t care how much you know – until they know how much you care.

(nach Theodore Roosevelt)

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Ehrliches Interesse ist die Vorstufe zum Vertrauen

 Kunden kümmern sich also nicht darum, wieviel Du weißt – solange sie wissen, dass Du dich um sie kümmerst. Doch – wie erzeugst Du das notwendige Vertrauen?

 

Beispiel: Flirten

 Du landest abends in einer fremden Stadt in einem fremden Hotel und langweilst dich an der Bar. Spielst ein bisschen mit deinem iPhone. Dann kommt ein attraktiver Mensch auf dich zu. Wie kann dieser Mensch jetzt in halbwegs angemessener Zeit dein Vertrauen gewinnen?

 Es gibt Untersuchungen darüber, was dieser Mensch falsch machen kann. Er oder sie kann sehr viel über sich selbst erzählen. Männer über ihr Auto und über ihre extremen Hobbies. Frauen über ihren erlesenen Geschmack und ihre sozialen Netzwerke. Das schreckt ab. Zumindest das jeweils andere Geschlecht.

 Zielführender ist es, sich ernsthaft für den anderen zu interessieren. Komplimente können helfen. Aber bitte keine Schubladen-Komplimente („Ist das heiß hier drinnen – oder bist Du das?“). Nur Komplimente, die zeigen, dass man dem Menschen wirklich ins Gesicht gesehen oder zugehört hat, kommen an. Am besten beides. Der wesentliche Punkt ist, Fragen zu stellen. Fragen, die ein ehrliches und ausschließliches Interesse an der anderen Person zeigen. Ohne Hintergedanken und ohne ein Sich-selbst-verkaufen-wollen.

 Negativbeispiel dazu: „Warst Du auch schon mal auf Mauritius?“ Diese Frage törnt ab, weil der Fragesteller damit mitteilen möchte, dass er selbst schon einmal auf Mauritius war. Sehr durchsichtig. Und sie bewirkt, dass der andere sich unwohl fühlt (der Schmerz des Unvollkommenen!).

 Dass offene Fragen zum Ziel führen, ist offensichtlich. Das Leben kann so einfach sein. Offene ‚W-Fragen‘ sind in diesem Fall zum Beispiel:

 - „Wo kommst Du her?“

- „Was sind deine Pläne?“

- „Was machen wir jetzt?“

  

Learning!

Stell offene Fragen!

Nichts anderes gilt im Kontakt mit deinen Kunden. Nur mit Fragen und aufmerksamem Zuhören lernst Du deine Kunden kennen. Lerne deine Kunden über Nachfragen kennen. Kitzele den Wunsch eines jeden aus ihm heraus, dass er gehört und gesehen werden will. Ein Kundengespräch ist wie Flirten, nur anders.*