Eine Rede abzulesen ist wie am Telefon zu küssen.
Es fehlt etwas!
Feedback geben
Net gschimpft is aa scho globt! – Wie geht eigentlich wertschätzendes Feedback?
Wertschätzendes Feedback
Das Gegenteil von GUT ist GUT GEMEINT
Es passiert häufiger, als den meisten Menschen bewusst ist: Es wird eine – gut gemeinte – Anmerkung gemacht, und schon ist die Stimmung auf dem Siedepunkt. Was sind das für Bemerkungen, und warum treffen diese so ins Mark?
Oft handelt es sich um Bewertungen. Wir bewerten das Verhalten oder die Ansicht des Anderen oder sogar die Person. Ein Beispiel: Ein Kollege sagt zum anderen „Was Du da fabriziert hast, hätte man besser machen können.“ Diese Bemerkung ist vielleicht auch provozierend gemeint und wird mit Sicherheit ihre Wirkung nicht verfehlen. Oder denken Sie einmal an das private Umfeld. Wenn eine Frau zu ihrem Mann sagt „Du bist ständig total desinteressiert und unaufmerksam“, ist der Tag für beide Eheleute gelaufen.
Erkennen Sie solche Formulierungen wieder? Bewertungen wie „schlecht“ oder „immer“ werden sehr häufig benutzt. Lassen Sie uns einmal darüber nachdenken, was das bedeutet und bewirkt. Wenn wir das Verhalten oder eine Person bewerten, stellen wir uns sozusagen wie ein Lehrer über die Situation. Wir maßen uns also an, etwas zu beurteilen – oder zu verurteilen. Möchten Sie selbst, dass jemand zu Ihnen sagt „Das war jetzt aber nicht besonders schlau“?
Und es kommt noch schlimmer: Auch positive Bewertungen können ein merkwürdiges Gefühl hinterlassen, denn auch hier stellt sich ja der Kritikgeber über den Kritiknehmer. Wenn der Abteilungsleiter zu einer Mitarbeiterin sagt „Das haben Sie toll gemacht, Frau Aschenbrenner!“ – hat es dann nicht auch etwas Lehrerhaftes?
Raus aus der Bewertungsfalle
Wie kommt man also heraus aus dem Dilemma? Zunächst einmal hilft die Einstellung, dass man selbst nicht die Weisheit mit Schaufeln gefressen hat. Man gibt also „nur“ die eigene Sicht der Dinge wieder. Es gibt im Grunde kein Richtig und Falsch, sondern nur die eigene Ansicht, ob etwas „richtig“ oder „falsch“ ist.
Wir nehmen pro Sekunde ungefähr elf Millionen Bits auf, über unsere Augen, Ohren und so weiter. Elf Millionen Einheiten, pro Sekunde! Von dieser unglaublichen Menge an Informationen können wie aber nur 10-20 Bits verarbeiten. Das heißt also, dass jeder Mensch seine eigene Wahrnehmung dieser Welt hat und quasi in seiner eigenen Landkarte lebt. Und Dinge aus seiner eigenen Wahrnehmung heraus bewertet. Hinzu kommen die ganz unterschiedlichen Lebenserfahrungen der Menschen, die zu völlig individuellen Schlussfolgerungen über ein und dieselbe Situation führen. Was für den einen richtig ist, kann für den anderen vollkommen falsch sein. Diese Einsicht ist hilfreich, um einigermaßen wertfrei Feedback geben zu können.
Mit folgendem Schema können wir einer Person Feedback geben ohne zu bewerten oder zu verletzten: Es handelt sich um die WWW-Technik, man könnte sie auch WaWiWu-Technik nennen.
1. Wahrnehmung
Beschreiben Sie Ihre Beobachtung, statt zu bewerten. Seien Sie dabei so objektiv, faktenorientiert und anschaulich wie möglich. Damit kann der Feedback-Nehmer etwas anfangen.
Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass Sie während Ihrer Präsentation zu etwa einem Drittel der Zeit Richtung Leinwand geschaut haben.“
2. Wirkung
Gehen Sie immer davon aus, dass es sich um Ihren persönlichen Eindruck handelt. Dieser ist wichtig – doch darüber hinaus mag es auch noch andere Sichtweisen geben! Beschreiben Sie also, wie die Beobachtung auf Sie gewirkt hat. Verwenden Sie gerade an dieser Stelle häufig das Wort ‚Ich‘.
„Dadurch hatte ich den Eindruck, als würden Sie den Kontakt zum Publikum meiden. Das wiederum wirkt auf mich etwas unsicher.“
3. Wunsch
Niemand braucht Zurechtweisungen wie „Sie sollten“, „Sie müssen“ oder „achten Sie besser auf“. Einem Wunsch kann man jedoch selten widersprechen. Er lässt die Möglichkeit offen, das eigene Verhalten zu ändern – oder eben auch nicht. Und diese letzte Entscheidung über das eigene Verhalten wünscht sich wohl jeder Mensch.
„Ich würde mich gut fühlen, wenn Sie mich während einer Präsentation häufiger ansehen.“
Auch Feedback anzunehmen kann man lernen
Wenn uns jemand Feedback gibt, können wir aus der Sichtweise des Anderen viel lernen, und nur so können wir uns selbst weiterentwickeln. Nicht immer nehmen wir jedoch Feedback als etwas Positives an. Insbesondere bei kritischen Bemerkungen übernimmt unser Reptilienhirn schnell die Kontrolle und wir schalten sofort in den Verteidigungs- oder Rechtfertigungs-Modus. Wir reagieren mit Bemerkungen wie „normalerweise mache ich das ja ganz anders“ oder „Da gebe ich dir recht, aber…“. Sollten Sie das Feedback inhaltlich nicht verstanden haben, können Sie natürlich nachfragen, wie es gemeint war; reine Verständnisfragen sind also erlaubt. Aber ansonsten gilt: Wenn Sie Feedback bekommen, genießen Sie es, bedanken Sie sich und dann halten Sie einfach mal den Mund!